AK Tagebuch: Ärzteversorgung

Ich möchte in Zukunft in gesammelter Form von meiner Arbeit und den Themen in den drei Arbeitskreisen und Ausschüssen berichten, in denen ich als Landtagsabgeordneter vertreten bin. Den ersten Eintrag in mein „AK Tagebuch“ findet ihr auch in meinem aktuellen Newsletter.

Das Thema Ärzteversorgung ist mir in den letzten Wochen in meinen drei Ausschüssen aus verschiedenen Perspektiven begegnet und so habe ich mich intensiv damit beschäftigen können. Im Arbeitskreis Wissenschaft und Kunst geht es um die Aktualisierung der Approbationsordnung der Ärzteausbildung. Nach langer Vorlaufzeit ist noch immer nicht klar, wie die Neuerungen finanziert werden sollen. Man will mehr Praxis und mehr Anleitung in die Ausbildung integrieren. Dazu braucht es mehr Personal und mehr Räume. Daher gibt es nun verschiedene Vorschläge, wie man mit weniger Aufwand die Ziele umsetzen kann. Die vorgeschlagenen Lösungen haben noch zu keiner Einigung geführt, und somit wird die Diskussion auf das nächste Jahr ausgeweitet. Gleichzeitig sollen auch noch mehr Studienplätze für Ärzte geschaffen werden. Dazu bräuchte es aber noch mehr Ressourcen und nicht alle Akteure sind überzeugt, dass noch mehr Studienplätze das Problem lösen können.

Im Arbeitskreis Soziales ist das Thema Besetzung der ambulanten Notfallpraxen aufgekommen. Auslöser dafür war ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24. Oktober, in dem festgestellt wurde, dass sogenannte Poolärzte nicht automatisch von der Sozialversicherungspflicht freigestellt sind, wenn sie im Notdienst arbeiten und keine eigene Praxis haben. Für den Notdienst sind eigentlich alle niedergelassenen Ärzte einer Region zuständig und müssen sich für diese Tätigkeit zur Verfügung stellen.
Da jedoch die Anzahl der niedergelassenen Ärzte seit vielen Jahren sinkt und die Anzahl der angestellten oder in Ruhestand befindlichen Ärzte steigt, hat die Kassenärztliche Vereinigung (KVBW) einen Pool an Ärzten geschaffen, die bereit sind, für die niedergelassenen Ärzte auf Stundenbasis Notdienste zu machen. Somit haben die niedergelassenen Ärzte weniger verpflichtende Dienste im Nachtdienst abzuleisten, wenn sie Poolärzte in Anspruch nehmen. Bisher wurden für diese Ärzte keine Sozialabgaben gezahlt, da man von einer eigenverantwortlichen ärztlichen Tätigkeit auch im Notdienst ausging. Für Ärzte im Notdienst der Krankenhäuser gab es vor einigen Jahren schon den selben Streit. Hier hat das BSG auch eine Versicherungspflicht festgestellt. Daraufhin wurde das Gesetz geändert und die Ärzte von der Sozialversicherungspflicht befreit.

Daher war eigentlich klar, dass das BSG auch diesmal eine Versicherungspflicht im Einzelfall feststellen wird. Manne Lucha hat daher auch über die Gesundheitsministerkonferenz eine Gesetzesänderung über den Bundesrat in die Wege geleitet. Leider wurde diese Initiative aber zunächst durch das Bundesarbeitsministerium abschlägig beurteilt. Die KVBW hat sofort nach Verkündung des Urteils gehandelt und lässt keine Poolärzte für den Notdienst mehr zu. Sie hat acht Standorte zunächst geschlossen und einige weitere Standorte in den Öffnungszeiten beschränkt. Leider trifft dies eher den ländlichen Raum, der eh schon weitere Wege zu den stationären Notfallambulanzen hat.
Wir haben im Sozial-AK diese Problematik diskutiert. Das Sozialministerium hält die Einschränkungen für vertretbar und das Vorgehen der KVBW für nachvollziehbar. Diese Sichtweise teile ich nicht. Zwar ist die notärztliche Versorgung nicht wesentlich beeinträchtigt und somit scheidet eine Dienstanweisung des Sozialministeriums gegenüber der KV auch meiner Meinung nach aus, jedoch halte ich ein besonneneres Vorgehen für angebracht. Zunächst wäre das schriftliche Urteil abzuwarten gewesen, um die genauen Rahmenbedingungen für eine Sozialversicherungspflicht zu kennen. In dieser Zeit hätte man auch eine vorläufige Überprüfung durch die Rentenversicherung durchführen können, um überhaupt zu wissen, wie viele Ärzte von der Neuauslegung betroffen sind. Auch hätte man eine schnellere Prüfung der Gesetzesänderung durch den Bund einfordern können, die noch ansteht. Für diese Übergangszeit hätte man den Notdienst wie gehabt weiter laufen lassen können, ohne dass es zu rechtlichen Konsequenzen kommen kann, da ja noch keine genauen Rahmenbedingungen feststehen. Jetzt hat man aber Einschränkungen für Patienten gemacht und somit den Druck erhöht, um sich zu einigen. Das finde ich keine gute Lösung. Patienten sollten nicht für eine Lösung weitere Wege in Anspruch nehmen müssen. So viel Zeit hätte man sich in diesem jahrelangen Streit noch geben können. Das Thema wurde auch in der Fragestunde von der SPD behandelt. Hier ein paar Hintergrundinfos: Ärztezeitung Überblick / Ärztezeitung Kommentar / Fragestunde Landtag BW.

Auch im  Finanzausschuss bin ich mit dem Thema Ärzteversorgung konfrontiert. Auslöser dafür ist die Denkschrift 2023 des Landesrechnungshofes BW. Im Beitrag Nr. 15 „Förderprogramm „Landärzte“ neu ausrichten“ schlägt der Rechnungshof vor, dass die Landesförderung zielgenauer ausgerichtet wird und enger mit dem ähnlichen Programm der Kassenärztlichen Vereinigung verzahnt wird. Der Rechnungshof möchte dazu einen Bericht erhalten, in dem diese Ziele auch verfolgt werden.
In der Regel einigt sich der Rechnungshof mit dem Ministerium über die Formulierung des Berichtes und wir im Sozialausschuss stimmen dann dieser Einigung zu. In diesem Fall haben sich aber das Sozialministerium und der Rechnungshof nicht einigen können. Nun bin ich als zuständiger Abgeordneter der Regierungsfraktionen gefordert, einen Kompromiss zu finden. Dazu habe ich mit allen Beteiligten Gespräche geführt und wir haben auch einen Kompromiss gefunden. Der muss aber erst noch final beschlossen werden, so dass ich noch nicht berichten darf, wie es genau ausgeht. So viel sei aber verraten: Da alle Beteiligten die Förderung ein wenig verändern wollen, dürfte der Kompromiss zu einem guten Ergebnis führen, in dem jeder sich wertschätzend wiederfinden kann.