CO2-Bilanzierung von Videokonferenzen mehr als moderner Ablasshandel

Die Digitalisierung ist in aller Munde. Es wird viel über digitales Lernen und Homeoffice diskutiert. Die Vorteile dieser technischen Errungenschaften, gerade in Pandemie Zeiten beherrschen die Schlagzeilen. Was dabei weniger im Blick ist, ist der Energie- und Ressourcenverbrauch des zunehmenden Datentransfers.

Durch die Pandemie hat sich auch der Wahlkampf ins Internet verlagert. Fast alle Veranstaltungen finden als Videokonferenzen statt. Wie hoch ist aber die Klimabilanz so einer Veranstaltung? Ich habe ein wenig recherchiert und herausgefunden, dass das gar nicht so genau bekannt ist. Man ist erst dabei, die wirkliche Belastung zu errechnen. Man kann keinen genauen Wert angeben, was eine Videokonferenz an CO2-Belastung verursacht. Dies liegt daran, dass es viele Faktoren gibt, die man betrachten muss:

  • Welche Geräte werden verwendet?
  • Wie ist die Anbindung ans Internet?
  • Mit was für einer Auflösung wird gearbeitet?

Das sind noch Fragen, die man sich selbst beantworten kann. Bei weiteren Faktoren werden die Antworten schwieriger:

  • Wo steht der Server?
  • Wie ist seine Auslastung?
  • Wie ist die Energiebilanz des Rechenzentrums?

Aufgrund dieser ganzen Faktoren kommen Berechnungen für eine Stunde Videokonferenz auf eine Belastung zwischen 50 Gramm und 60 Kilogramm CO2-Ausstoß pro Stunde. Immerhin eine Spanne um den Faktor 1200! Somit ist eine seriöse Aussage nicht möglich. Was jedoch möglich ist, ist zu schauen, was für Belastungen durch die digitale Infrastruktur auftreten und was man selbst dazu tun kann, um seinen CO2-Fußabdruck zu vermindern. Das Umweltbundesamt gibt dazu folgende Hinweise:

  • Glasfasernetze haben die geringste Belastung bei den Treibhausgasemissionen
  • Das 3G-Netz verursacht sehr viel mehr Belastung als ein 5G-Netz
  • Rechenzentren sollten gut ausgelastet arbeiten und eine Abwärmenutzung haben.
  • Die Auflösung beim Abspielen von Bildern sollte mit der Displaygröße abgestimmt sein.
  • Die Lebensdauer der Geräte sollte lang sein.

Wenn man diese Hinweise beachtet oder in zukünftige Entscheidungen über den Ausbau der Infrastruktur mit einbezieht, dann kann die Belastung der Umwelt durch die digitale Infrastruktur stark gesenkt werden.

Dass wir Grüne in Baden-Württemberg die Digitalisierung klimafreundlich gestalten wollen, haben wir uns ins Wahlprogramm geschrieben:  Wir brauchen zügig CO2-neutrale Rechenzentren, die Abwärme nutzen und mit Strom aus Sonne, Wind und Wasser betrieben werden. Auch die großen Digitalisierungsprogramme des Landes sollen in allen Bereichen klimaneutral werden – von der elektronischen Akte über Tablets in der Schule bis zur Landesstrategie Künstliche Intelligenz. Gleiches gilt für die Vorhaben der Städte und Gemeinden, die das Land bei der Digitalisierung unterstützt.

Da ich nicht warten will und lieber sofort etwas unternehmen möchte, habe ich mich entschieden, meinen Wahlkampfanteil an den CO2-Belastungen durch Videokonferenzen zu kompensieren. Ich habe daher 10 Stunden Videokonferenz à 60 Kilogramm angesetzt. Das ergibt eine Gesamtmenge von 600 kg. Diese 600 kg habe ich bei atmosfair kompensiert, was mich 14 Euro gekostet hat. Ich habe atmosfair verwendet, weil es in Vergleichstests gut abgeschnitten hat und ich mit den St. Leon-Roter Grünen schon in der Vergangenheit damit gearbeitet habe. Auch finde ich es gut, dass man sich das Projekt, für das man spenden will, selbst aussuchen kann. Ich habe mich diesmal für ein Projekt in Indien entschieden, bei dem Ernteabfälle in Strom umgewandelt werden. Damit werden fossile Kraftstoffe durch erneuerbare Energieträger ersetzt und zusätzliche Einkommensmöglichkeiten für Kleinbauern geschaffen.

Der Handel mit CO2 Zertifikaten ist ganz klar die zweitbeste Lösung. Eine direkte Vermeidung wäre besser, ist aber aktuell nicht möglich. Daher habe ich mich für die zweitbeste Möglichkeit entschieden. Dieses Vorgehen wird von einigen Personen als moderner Ablasshandel abgelehnt. Ich sehe das nicht so. Eine Belastung der Umwelt durch die digitale Infrastruktur ist unvermeidbar, wenn man mit der Welt in Kontakt treten will. Politisch setze ich mich dafür ein, die digitale Infrastruktur nachhaltig umzubauen. Ich kaufe mich auch nicht von Sünden frei, sondern finanziere mit meinem Geld Projekte, die schnell und nachhaltig wirken. Und das Ganze hilft auch noch Menschen, die Unterstützung nötig haben.

Wenn ich den einen oder anderen von Euch mit diesem Beitrag animieren konnte, auch einen Teil seiner CO2 Belastung zu kompensieren, so wäre das ein schönes Ergebnis.

 

Quellen:

https://klima-kollekte.de/fileadmin/user_upload/Videokonferenzen_CO2_Bilanz.pdf

https://co2offset.atmosfair.de/co2offset#/fix

https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/energie-ressourceneffizienz-digitaler