20 Millionen Neuerkrankungen weltweit pro Jahr, Tendenz stark steigend: Diese Zahl verdeutlicht, dass Krebs eine der großen, wenn nicht die größte Herausforderung für die Gesundheit in der modernen Dienstleistungsgesellschaft ist. Insbesondere exzellenter Forschungsarbeit ist es zu verdanken, dass sich die Heilungs- und Überlebenschancen bei vielen Tumorarten in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verbessert haben.
Ein zentraler Akteur im wissenschaftlichen Kampf gegen den Krebs ist das 1964 gegründete Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) mit Hauptsitz in Heidelberg, das ich jüngst mit meinem Kollegen Michael Joukov besuchen durfte. Als größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland und größtes Krebsforschungszentrum Europas beschäftigt das DKFZ, das als Stiftung Öffentlichen Rechts zu 90 Prozent aus Bundes- und zu zehn Prozent aus Landesmitteln finanziert wird, rund 3.200 Mitarbeiter aus der ganzen Welt, davon 1.200 Wissenschaftler. Sie forschen in rund 90 Arbeitsgruppen und Abteilungen zur Entstehung, Diagnose, Behandlung und Prävention von Krebs. 2008 und 2014 wurden jeweils Forscher des DKFZ mit Nobelpreisen geehrt.
Bei unserem Besuch stellte zunächst Prof. Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender und Wissenschaftlicher Vorstand des DKFZ, gemeinsam mit der Kaufmännischen Leiterin Ursula Weyrich die Aufgaben und Ziele des Forschungszentrums dar.
Zwei Aspekte hob Baumann besonders hervor: Mit verbesserter Prävention und Früherkennung lässt sich global die Sterblichkeit bei Krebserkrankungen um 50 bis 75 Prozent reduzieren – ein Aspekt, der in der Forschung an Bedeutung gewinnt, aber noch immer nicht ausreichend berücksichtigt und damit auch finanziert wird. Zudem prägen zwei Trends die Onkologie heutiger Zeit, die zunächst gegensätzlich erscheinen: Während in der Behandlung immer stärker individuell zugeschnittene und differenzierte Therapien die größten Aussichten auf Erfolg zeitigen, ist dafür zugleich eine breitere Aufstellung und Vernetzung der beteiligten Akteure notwendig. So plant das DKFZ gemeinsam mit der Deutschen Krebshilfe ein Nationales Krebspräventionszentrum als international führende Pioniereinrichtung, die von der Grundlagenforschung bis zur Anwendung alles unter einem Dach vereint. An die Adresse der Politik richtet der Wissenschaftler dabei aber auch den dringlichen Hinweis, dass bürokratische Hemmnisse, etwa bei der Auslegung von Datenschutzrichtlinien, immer stärker zum Wettbewerbsnachteil für Deutschland werden und private oder privatwirtschaftliche Spender abschrecken – ein Phänomen, das auch in anderen Bereichen immer deutlicher sichtbar wird und das wir noch mehr auf die politische Agenda setzen müssen.
Es folgten ein Einblick in die Arbeit des Krebsinformationsdienstes (KID), der seit 1986 mit mehr als 60 Mitarbeitern Ansprechpartner für Patienten, Angehörige und Fachkreise ist, und ein Mittagessen mit dem diesjährigen Träger des Deutschen Krebspreises, Prof. Matthias Heikenwälder. Im Anschluss ging es noch „in die Praxis“: Im Forschungszentrum für Bildgebung und Radioonkologie stellten Nachwuchsforscher die KI-Translationsinitiave „Transparente und sichere Entscheidungen durch Künstliche Intelligenz für die patientenzentrierte Präzisionsonkologie bei Melanom, Brust- & Prostatakrebs“ vor, ein Projekt, das vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration des Landes Baden-Württemberg gefördert wird. Mit einem Laborbesuch in der Abteilung Zelluläre Immunologie, bei dem das Team um Dr. Katrin Busch seine Forschung zu Ursprung und Ausbreitung eines Leukämietypen präsentierte, endete der äußerst informative Aufenthalt am DKFZ