Reden zum Willkommensgesetz und zur Versorgungsverwaltung

Meine Reden vom 29. November könnt ihr in der Landtags-Mediathek nachschauen:

Landtag Baden Württemberg – 20231129_sitzung080_1 (landtag-bw.de)

Landtag Baden Württemberg – 20231129_sitzung080_2 (landtag-bw.de)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,

Ja, wir brauchen gut qualifizierte Zuwanderer auch aus Nicht-EU Staaten. Und Vorschläge in diesem Bereich müssen selbstverständlich unvoreingenommen geprüft werden.

Doch dafür extra ein neues Gesetz zu verabschieden- das ist mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Ich zitiere gerne die Worte von Herrn Stoch in der Rede von letzter Woche zum Thema Bürokratieabbau: „Wenn wir mit den Regelungen über das Ziel hinausschießen, dann entsteht eine Situation, in der wir die ganzen gut gemeinten Ziele nicht mehr erreichen, weil wir das Gegenteil von dem erreichen, was wir ursprünglich wollten!“

Da hat es der Fraktionsvorsitzende doch schon auf den Punkt gebracht. Denn dieses Gesetz sorgt für mehr Bürokratie, mehr Kosten und mehr Aufwand. Ohne das Ziel eine Willkommenskultur zu schaffen zu erreichen.

Gerne führe ich unsere Kritikpunkte im Einzelnen auf:

1.        Die Genehmigungsfiktion

Also eine Anerkennung nach Fristablauf auch ohne Prüfergebnis ist in vielerlei Hinsicht problematisch.

Im Anerkennungsverfahren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir auf externe Partner angewiesen. Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf wird eine sehr große Bandbreite an Berufen angesprochen.

Gutachten für exotische Berufe können sich über Monate hinziehen und auch Termine für Fachprüfungen sind nicht beliebig zu bekommen. Bei solchen externen Verantwortlichkeiten liegt eine Genehmigungsfiktion daher oftmals nicht in der Hand des RPs und schadet deshalb mehr als es nutzt. Zusätzlich wird eine Steuerung der externen Partner aufgebaut werden müssen und somit viele Ressourcen binden und die Bürokratie mehren. Dies wurde auch von den Sachverständigen in der Anhörung so gesehen.

2.        Zweitens

Die hier geforderte Beratungspflicht für Antragsteller und Antragstellerinnen ist unangemessen!

Dies wurde auch von den Experten während der Anhörung durchweg bestätigt.

Der vorgelegte Änderungsvorschlag ändert daran wenig. Es muss weiterhin Bürokratie aufgebaut werden und sei es nur um zu prüfen wer nicht mehr beraten werden muss und wer denn als „sachkundige Person“ in Frage kommt.

Außerdem hat das Sozialministerium unter Minister Lucha bereits reagiert. Aktuell soll eine vorgeschaltete Koordinierungs- und Beratungsstelle als zentrale Behörde eingesetzt werden.

Die sogenannte „one-stop-agency“ soll bereits in 2024 an den Start gehen.

Drittens:

Die geforderte Kostenübernahme der verschiedenen Gebühren durch das Land würde zu Mehrkosten von mindestens 5 Millionen Euro führen, ohne dass es hierfür einen Grund gibt! Denn es sind nicht die Gebühren, die die Bewerber abschrecken, sondern das komplexe Verfahren und die langwierige Dauer. Für die Bewerber ist jeder Monat in dem sie nicht arbeiten können in der Regel teurer, als die Gebühren, die anfallen können. In der Anhörung wurde zwar ein Anreiz bei einer Gebührenbefreiung, gerade bei Helferberufen gesehen, aber dies sei keine wirkliche Hürde für die Standortwahl Deutschland.

Auch hier werden wieder Ressourcen verbraucht, mehr Bürokratie geschaffen und ein Anreiz gesetzt die Preise anzuheben, wenn der Staat für die Kosten aufkommt.

Ich kann nur erneut sagen: Lassen Sie uns anstatt der Kostenübernahme lieber die Mittel dorthin geben, wo sie wirklich gebraucht werden.

Ich meine damit das Regierungspräsidium Stuttgart als zuständige Stelle. Die Beamtinnen und Beamten dort sind es nämlich, die dafür sorgen, dass der Arbeitsmarkt im Gesundheitswesen auch weiterhin auf qualitativ hohem Niveau bleibt.

Was abschließend diesen Willkommensgesetzesentwurf hier betrifft – in der Anhörung im Sozialausschuss hat sich mir ein wahrer Satz in das Gedächtnis gebrannt. Nämlich das wir die Arbeitsbedingungen im Gesundheitsbereich noch besser machen müssen. Das ist die eigentliche Aufgabe. Dann kommen nicht nur mehr Arbeitskräfte, sondern diejenigen die dort arbeiten verbleiben auch länger im Beruf und wir brauchen dann keine Hochdurchsatzmachinerie aufzubauen

Wir brauchen ein schlankes Verfahren, dass auf die Qualität der Bewerber achtet und gleichwertige Berufe zuverlässig anerkennt.

Wir als Fraktion Grüne lehnen diesen Gesetzentwurf ab.

Er sorgt für mehr Bürokratie, mehr Kosten und mehr Aufwand.


Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,

Im Jahr 1950 wurde durch das Bundesversorgungsgesetz die staatliche Versorgung von Kriegsopfern des Zweiten Weltkrieges geregelt. Fast 1 Million Menschen bezogen damals entsprechende Leistungen. Das Gesetz war also eine wichtige Stütze des sozialen Zusammenhalts.

Aber die Zeiten haben sich geändert. Ende 2020 waren es nur noch knapp 45.000 Leistungsempfänger. Daher ist es nur konsequent, auf diese Entwicklung zu reagieren und das Recht der sozialen Entschädigung neu zu organisieren.

Zum 1. Januar 2024 wird das Bundesversorgungsgesetz zusammen mit dem Opferentschädigungsgesetz aufgehoben und in das Vierzehnte Buch Sozialgesetzbuch – das Soziale Entschädigungsrecht – eingeordnet. Auch die Regelungen zu Entschädigung von Zivildienstgeschädigten und die Entschädigung bei Impfschäden wird in das neue Recht integriert.

Mit dem uns vorliegenden Gesetzesentwurf wird dieses neue Bundesrecht auf Landesebene umgesetzt und die Zuständigkeiten werden festgelegt. Die Trennung in Kriegsopferversorgung und Kriegsopferfürsorge fällt weg, so dass die zuständigen Stellen bei den Landratsämtern gebündelt werden können. Die Stellen bei den kreisfreien Städten entfallen komplett. Damit werden Leistungen „aus einer Hand“ ermöglicht, wie es in den Zielen des Gesetzesvorhabens formuliert ist.

Weniger Fälle und mehr Themen sind aber auch eine Herausforderung für die Beschäftigten. Ich halte daher eine kreisübergreifende Zusammenarbeit und einen regelmäßigen Austausch der Ämter für notwendig.

Neu ist im Gesetz zudem, dass die Aufsichtsräte der Universitätskliniken erweitert werden. Zukünftig wird hier neben dem Finanz- und Wissenschaftsministerium auch jeweils eine Vertretung des Sozialministeriums berufen. Das begrüße ich im Sinne einer besseren Vernetzung der Ministerien sehr. In einem weiteren Schritt soll dann auch noch ein Vertreter des Wissenschaftsministeriums in den Landeskrankenhausausschuss berufen werden, um auch hier eine bessere Verschränkung zu erreichen

Um das Gleichgewicht interner und externer Personen zu wahren, werden die Aufsichtsräte gleichzeitig um einen Sachverständigen erweitert. Somit erhalten die Aufsichtsräte wieder eine ungerade Anzahl an Mitgliedern, so dass bei Abstimmungen ein Stimmenpatt verhindert wird. Die im Ausschuss geäußerte Kritik, dass die Arbeitnehmer bei dieser Neuregelung zu kurz kämen, teile ich nicht. Es geht vielmehr darum, neue Aufgaben der Universitätskliniken zu berücksichtigen, wie beispielsweise die Steuerung der Patientenströme in einer Region. Und nicht das Verhältnis von Arbeitgebern zu Arbeitnehmern zu verändern. Daher lehnen wir auch den Änderungsantrag der SPD in Punkt 2 ab, da er nicht sachgerecht ist.

Eine weitere gesellschaftliche Entwicklung greift der vorliegende Gesetzesentwurf auf. Das Integrationsamt wird zum Inklusionsamt umbenannt. Inklusion statt Integration – das sollte uns nicht nur durch die UN-Behindertenrechtskonvention vorgegeben werden, sondern Teil unseres täglichen Zusammenlebens sein.

Insgesamt stellt der vorliegende Gesetzesentwurf eine zeitgemäße Anpassung der Verwaltungsstrukturen dar und er ist eine gute Reaktion auf Veränderungen unserer Zeit.

Mit dem neuen Gesetz werden aber auch 2 Gesetze und 3 Verordnungen aufgehoben. Wir tragen somit zum Bürokratieabbau bei und beweisen, dass wir nicht nur neue Gesetze beschließen, sondern auch alte Gesetze aufheben können.

Ich bitte daher um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.