Gemeinsam für mehr Nichtraucherschutz – zu Gast beim DKFZ

Siehe auch: Deutsche wünschen sich Verbesserung der Nichtraucherschutzgesetze (dkfz.de)

Es ist noch gar nicht so lange her, da war Zigarettenrauch allgegenwärtig – ob in Restaurants, öffentlichen Gebäuden, am Arbeitsplatz oder sogar in Gestalt des Arztes mit Kippe im Mund während der Patientenvisite. Vieles davon erscheint uns heute schlicht unvorstellbar – und doch haben die verschärften Nichtraucherschutzgesetze erst ab 2005 das Rauchen weitgehend aus der Öffentlichkeit verbannt.

Nichtsdestotrotz ist die Gesundheitsgefährdung durch Tabakrauch – insbesondere auch für Dritte durch das sogenannte „Passivrauchen“ – noch immer präsent und ein quer durch die Parteienlandschaft kontrovers diskutiertes Politikum. Kein Wunder angesichts einer Bevölkerung, in der noch fast ein Viertel regelmäßig zur Zigarette greift.

Im Hinblick auf die geplante Novellierung des Nichtraucherschutzgesetzes in Baden-Württemberg (LNRSchG) habe ich kürzlich gemeinsam mit Mitgliedern der grünen Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Gesundheit sowie Vertretern des Nichtraucherschutzverbands Deutschland das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg besucht.

Rauchverbote erzeugen positive Nebeneffekte

Dabei zeigte uns Dr. Katrin Schaller von der Stabsstelle Krebsprävention des DKFZ anhand von Studien deutlich, dass die flächendeckenden Rauchverbote im öffentlichen Bereich auch in Form eines „Mitnahmeeffektes“ wirksam sind: Auch in Privathaushalten, am Arbeitsplatz oder im Auto hat die Tabakrauchbelastung seit 2005 kontinuierlich abgenommen, ebenso der Raucheranteil. Dennoch sind auch weiterhin beispielsweise knapp 15 Prozent der Jugendlichen regelmäßig Passivrauch ausgesetzt. Dabei gilt: Je niedriger der sozioökonomische Status, desto höher die Belastung – der Ausbau des Nichtraucherschutzes ist also auch eine Frage sozialer Gerechtigkeit.

Kritisch sind laut DKFZ Ausnahmeregelungen wie Raucherkneipen oder Raucherräume, aber auch Raucherbereiche vor Eingängen oder in Außenbereichen von Gaststätten zu sehen. Hier ist eine enorm hohe Rauchbelastung messbar und ein Schutz etwa von Beschäftigten kaum zu gewährleisten. Ähnlich schwierig ist die Situation auch im Handwerk, wo häufig ein geringes Bewusstsein für die bestehende Gesetzeslage existiert. Hier wäre eine vom Land beauftragte Befragung an Berufsschulen zum Rauchaufkommen in den Ausbildungsbetrieben als offizielle Gesprächsgrundlage denkbar.

Als vermeintlich „gesunde“ Alternative zum klassischen „Glimmstängel“ erfreuen sich E-Zigaretten und Wasserpfeifen (Shishas) wachsender Beliebtheit. Bei Ersteren ist zwar die Schadstoffmenge geringer, doch auch sie erhalten Kanzerogene und sorgen aufgrund fehlender gesetzlicher Regelungen für eine deutlich erhöhte Passivrauchbelastung. Studien zur Langzeitwirkung stehen hier noch aus. Auch Shishas werden in ihrem Gefahrenpotenzial für die Gesundheit häufig unterschätzt, enthalten sie doch pro Zug ein Vielfaches an Rauch und Schadstoffen im Vergleich zur Zigarette; hinzu kommt die Vergiftungsgefahr durch erhöhte Kohlenmonoxid- und Rauchbelastung in geschlossenen Räumen.

Große Mehrheit unterstützt Nichtraucherschutz

Das DKFZ empfiehlt daher, E-Zigaretten und Tabakerhitzer in bestehende Gesetze einzubeziehen, Ausnahmeregelungen aufzuheben, Außenbereiche in der Gastronomie rauchfrei zu halten und Shisha-Bars zu verbieten.

Wie mir auch der Nichtraucherschutzverband bestätigt, unterstützt die große Mehrheit der Deutschen – inklusive der Raucher übrigens – Gesetze für einen starken Nichtraucherschutz, der ja auch Tabakkonsumenten selbst schützt. Zudem sind Gegenargumente wie das vermeintliche Kneipensterben Mythen, die von wenigen starken Lobbyisten und libertären Kräften gestützt werden, aber seit Einführung des LNRSchG nicht mit Zahlen belegt werden können.

Über die eigentliche Novelle des LNRSchG in Baden-Württemberg hinaus werde ich mich in den kommenden Monaten dafür einsetzen, den Nichtraucherschutz in einem ganzheitlichen Rahmen zu betrachten und darauf basierend auszuweiten.

Nachdem etwa der bessere Jugend- und Gesundheitsschutz ein zentrales Argument für die Cannabis-Legalisierung ist, müssen die bestehenden Gesetze für Tabak hier in jedem Fall auch gelten. Und vor dem Hintergrund der neuen COPD-Einteilung für chronisch obstruktive Lungenerkrankungen sollten deren unterschiedliche Ursachen stärker verdeutlicht werden. Neben Rauch und Passivrauch zählt dazu insbesondere die Umweltbelastung durch Autoabgase und Kaminfeuer. Auch eine Studie zur Suchtprävention, die Glücksspiel und Tabakkonsum verknüpft, halte ich mit Blick auf den mangelnden Nichtraucherschutz in Spielhallen für sinnvoll.

Und auch die noch immer starke Präsenz von Zigaretten im öffentlichen Raum ist zu hinterfragen: So regt die LAG Gesundheit an, die rund um die Uhr zugänglichen, häufig illegal aufgestellten und nicht ausreichend mit Warnhinweisen versehenen Zigarettenautomaten zu verbieten und ein Pfandsystem für Zigaretten einzuführen, um das Müllproblem zu reduzieren.

Es gibt viel zu tun in Sachen Nichtraucherschutz – Deutschland und leider insbesondere auch Baden-Württemberg hinken hier im internationalen Vergleich deutlich hinterher. Dafür sind der Schulterschluss und der regelmäßige Austausch von und mit Verbänden und Experten wie dem DKFZ wichtig, um wirklich etwas voranzubringen.