Newsletter Norbert Knopf



Berichte aus dem Landtag und dem Wahlkreis Wiesloch
Liebe Freundinnen und Freunde,

ich gehöre nicht zu den Personen, die an die "gute alte Zeit" denken. Mir gefällt es sehr gut im hier und jetzt - früher war es für mich nicht besser, sondern einfach nur anders. Immer wieder erstaunt mich aber, dass sich Diskussionen und Probleme wiederholen und es dabei zu seltsamen Verdrehungen der Argumente kommt. Hierzu ein Beispiel:

In den 80er Jahren gab es viele Arbeitslose. Die Gewerkschaften haben damals für die 35-Stunden-Woche gekämpft, mit dem Argument, dass dann mehr Menschen in Beschäftigung kommen. Die Arbeitgeber haben damals dagegen argumentiert und sogar gefordert, dass der Einzelne länger arbeiten solle, da dann die Wirtschaft profitabler werde und mehr Menschen eingestellt werden könnten. Im Laufe der Zeit zeigte sich aber, dass man die Arbeitszeit verkürzen kann und es dadurch auch positive Beschäftigungseffekte gibt.
Heute haben wir wieder eine Diskussion um die Arbeitszeit, nur jetzt ist der Arbeitskräftemangel der Auslöser. Auch dieses Mal fordern die Arbeitgeber längere Arbeitszeiten, auch wieder mit der Begründung, dass d
er Wirtschaftsstandort in Gefahr sei und die vorhandenen Arbeitskräfte mehr erwirtschaften müssten. Die Gewerkschaften fordern dagegen eine Verkürzung der Arbeitszeit, um mehr Menschen in Arbeit zu bringen, durch attraktive Arbeitszeiten und gute Löhne.
Schon seltsam, dass die Positionen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gleich geblieben sind, obwohl sich die Ausgangslage um 180 Grad gedreht hat. Für mich ist es ein Indiz dafür, dass die Arbeitszeit nicht der zentrale Hebel für das Problem sein kann. 

Werfen wir einen Blick auf die Rahmenbedingungen: Es gibt immer noch mehr Arbeitslose und Unterbeschäftigte als offene Stellen. Somit wäre es nach meiner Meinung sinnvoll, diese Personen in Arbeit zu bringen, auch wenn dies einen gewissen Aufwand bedeutet, da diese Reserve nicht passgenau für die offenen Stellen ist. Weiterhin unterliegt die westliche Welt und somit auch Deutschland dem demografischen Wandel. Dies bedeutet, dass unsere Bevölkerung weniger und älter wird. Mit weniger Menschen mehr zu produzieren, ist jedoch sehr einfach möglich. Die gesamte Menschheitsgeschichte erzählt genau diese Geschichte. Das Schlüsselwort dazu heißt Produktivität. Leider ist die Produktivität in den letzten Jahren in Deutschland fast nicht gewachsen. Das scheint mir das Kernproblem zu sein.
Die Sachlage mit der Arbeitszeit ist dagegen sehr klar. Die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer wünscht sich kürzere Arbeitszeiten. Das senkt auch die gesundheitliche Belastung und könnte dazu führen, dass Arbeitnehmer sich auch vorstellen könnten im höheren Alter zu arbeiten. Mit der gewonnen Freizeit kann dann mehr konsumiert werden oder auch mehr Sorgearbeit in der Familie verrichtet werden. Ich persönlich halte es daher für sinnvoll, die Arbeitszeit zu verkürzen und zu flexibilisieren. Dadurch kann man die individuelle Arbeitszeit besser der Lebenssituation anpassen und wer gesund ist kann auch im höheren Alter arbeiten. Die Steigerung der Produktivität sollte in den Fokus rücken.

Grundlage für diese Ausführungen ist ein Artikel in MAKROSKOP von vier Örsterreichern. Österreich ist übrigens ein interessantes Land, was das Thema Wirschaftspolitik betrifft. Ein Österreicher erhält zum Beispiel zwischen 20 bis 30% mehr Rente als ein vergleichbarer deutscher Arbeitnehmer. Wie es bei unserer Rente in Deutschland aussieht erfahrt ihr in meinem Fachgespräch am 3.7.23 (siehe unten). Soviel sei verraten: die Produktivität ist auch da ein Schlüsselwort.

Studiengebühren

Am 14.06.23 gab es im Landtag eine Anhörung zur Abschaffung der Studiengebühren für internationale Studierende. Auslöser dafür war ein Gesetzesentwurf der SPD. Über die Abschaffung der Studiengebühren wird seit einiger Zeit diskutiert. Vor einigen Wochen haben dann CDU und Grüne kundgetan, dass auch in Baden-Württemberg die Studiengebühren fallen sollen, um mehr Studienplätze belegen zu können. Die SPD wollte diese Ankündigung ausnützen und hat uns deswegen ihren Gesetzesentwurf vorgelegt, damit wir dem zustimmen können. Das haben wir aber dankend abgelehnt, da es noch einiges zu klären gibt, bevor wir die Studiengebühren abschaffen können. Diese sind nähmlich noch mit rund 30 Millionen Euro pro Jahr als Einnahmen im Haushaltsplan verankert und ohne eine Gegenfinanzierung würde dieses Geld den Unis fehlen.
Warum das Thema aufkam, ist nochmals eine andere Diskussion. Hintergrund ist, dass die Studiengebühren 2017 eingeführt wurden, in der Erwartung, dass auch andere Bundesländer Gebühren für Studierende aus nicht EU-Ländern einführen würden. Das ist jedoch nicht passiert. Baden-Württemberg ist das einizge Bundesland, das diese Gebühren erhebt. Im Endeffekt hat dies dazu geführt, dass der Anteil an internationalen Studierenden in Baden-Württemberg gesunken ist, während er in allen anderen Bundesländern gestiegen ist.
Das interessante an der Diskussion im Ausschuss war, dass zwar alle für die Abschaffung der jetztigen Studiengebühren sind - bei vollem Ausgleich durch das Land - aber gleichzeitig einige Rektoren durchblicken ließen, dass sie prinzipiell gerne Studiengebühren hätten. Das hat mich doch etwas verwundert. 

Ein kostenfreies Studium hat in Deutschland mehrere Funktionen. Es ermöglicht auch Personen ohne reiches Elternhaus ein Studium und trägt somit zur Chancengleichheit bei. Es hat aber gerade international auch die Funktion, über die Gebührenfreiheit den Nachteil des Spracherwerbs zu kompensieren. Denn im internationalen Wettbewerb haben englichsprachige Länder hier einen Vorteil, der nur durch die dort üblichen Gebühren vermindert wird. In der Anhörung wurde auch klar, dass internationale Studierende wichtig für den Austausch der Kulturen sind und auch im Nachgang durch die entstandenen Netzwerke ganz stark das Bild von Deutschland prägen. Daher ist ein gewisser Anteil an internationalen Studierenden ein Vorteil für die Unis und für die deutsche Volkswirtschaft.

Aber wie sieht es mit den Finanzen aus? In der Anhörung wurde behauptet, dass ein Mensch mit einer Berufsausbildung das Studium eines Akademikers finanziert. Das hat mir keine Ruhe gelassen und ich habe dem Professor folgende Rechnung vorgelegt:

"Ich habe dazu eine kleine Überschlagsrechnung erstellt (Quellen – Destatis - durchschnitlicher Monatsverdienst nach Ausbildungsart und Lohnsteuerrechner BMF – Klasse 1, 30 Jahre, keine Kinder, Bezugsjahr 2022). Annahme: Rahmenbedingungen gleichbleibend über das gesamte Berufsleben, wobei mit Berufsausbildung 45 Jahre/540 Monate und mit Studium 40 Jahre/480 Monate Lohnsteuer gezahlt wird. 

 Mit Berufsausbildung 3521.- € ergibt Lohnsteuer 514,83 € pro Monat in 45 Jahren zusammen 278.008.- € Lohnsteuer

 Mit Bachelor 4551.- € ergibt Lohnsteuer 806,08 € pro Monat in 40 Jahren zusammen 386.918.- € Lohnsteuer

 Mit Meister 4826.- € ergibt Lohnsteuer 890,00 € pro Monat in 45 Jahren zusammen 480.600.- € Lohnsteuer

 Mit Master 6188.- € ergibt Lohnsteuer 1391,75 € pro Monat in 40 Jahren 668.040.- € Lohnsteuer

Die Differenz Berufsausbildung / Bachelor beträgt 108.910.- € und die Differenz Meister / Master beträgt 187.440.- €. Aus diesen Differenzen schließe ich, dass sich Studierende sehr wohl z.T. im vollen Umfang an den Kosten ihres Studiums beteiligen und die Diskussion über Studiengebühren oder Finanzierungen diesen Aspekt zumindest berücksichtigen sollten. Die Beteiligung der Studierenden an ihren Ausbildungskosten über die Steuer ist außerdem sehr bürokratiesparend, da diese Steuer schon jetzt erhoben wird. Mir ist bewusst, dass dies eine sehr vereinfachende Berechnung ist, ich denke jedoch, dass dies ein gewichtiges Argument gegen Studiengebühren ist."

In seiner Antwort hat mich der Professor nicht widerlegt, aber angeführt, dass er Gebühren trotzdem für gerechtfertigt hält, weil das auch in anderen Ländern gut funktioniert. Ich bin weiterhin überzeugt, dass das gebührenfreie Studium im Gesamtsystem viele Vorteile bietet, die es zu erhalten gilt. Es ist jedoch nötig, auch Ausbildungen und Meisterlehrgänge frei von Gebühren zu machen oder wenigstens eine Prämie für den erfolgreichen Abschluss zu zahlen, um auch hier Fachkräfte auszubilden und Anerkennung für die Leistung auszudrücken. Ich denke der Staat sollte viel in Bildung investieren und nicht neue finanzielle Hürden für das Studium einführen. Wenn Bildung unser wichtigster Rohstoff ist, dann sollte er uns das auch Wert sein.


Was steht als nächstes an?

 

In meiner Funktion als Sprecher für die Sozialversicherung mache ich am 03.07.23 um 14:00 Uhr ein hybrides Fachgespräch "Zukunft des Rentensystems" mit dem Leiter der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, Andreas Schwarz. Das Umlagesystem ist dem kapitaldeckten Rentensystem weit überlegen. Jedoch behauptet die Versicherungswirtschaft seit Jahrzehnten das Gegenteil, ohne es zu belegen. Welche Vorteile das Umlagesystem bietet und wie es zukunftsicher ausgestaltet werden kann, bespreche ich bei diesem Termin. Weitere Infos und Anmeldung über meine Homepage

 

Am 30.06.23 um 19:00 Uhr  bin ich auf dem Podium zum Thema anonymen Krankenschein in Karlsruhe. Mehr dazu unter diesem Link.

 

Mein nächstes Wahlkreistreffen ist am 17. Juli um 19:00 Uhr im Seerestaurant in St. Leon-Rot. Wie immer freue ich mich, wenn ich aus jedem Ortsverein jemanden begrüßen darf. Themenwünsche und Anmeldung gerne über mein Büro:  norbert.knopf@gruene.landtag-bw.de

 

Die nächste Bürgersprechstunde findet am 21.07.2023 von 15 bis 17 Uhr statt. Ich bitte um Anmeldung unter der Mailadresse: norbert.knopf@gruene.landtag-bw.de

 

Viele Grüße

Besichtigung der GWÖ Westerwaldbrauerei in Hachenburg. Sehr angeregte Gespräche und auch eine kleine Bierprobe.

Radtour quer durch BW nach Schwangau. Während bei uns schon die ersten Kirchen reif sind, gab es auf der Schwäbichen Alb noch blühende Obstbäume zu sehen. Den Weg über die Oberlenniger Steige auf die Alb kann ich empfehlen, da autofrei.

Rewe stellt die Produktion der Werbeprospekte ein. Bisher wurden pro Woche davon 26 Millionen Exemplare gedruckt. Das ist nun vorbei. Hier die Übergabe des letzten gedruckten Exemplars in Nußloch.


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